Sonntag, 22. Dezember 2024

Kirchenfenster-Glasmaler orientiert, informiert über spezielle Umsetzungsprobleme bei Farbfenstern - Experte klärt auf

 Glasmaler-Blog über Aktivitäten im Atelier Martin Halter Bern

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aktualisiert per 22.12.2024

 ...dabei ist vieles infrage zu stellen...

Die Behauptung, jede Bleiverglasung könne im Zwischenfang einer IV-Verglasung eingebaut werden, kann eigentlich nur als halbe Tatsache gelten. Denn im Detail gibt es gleich mehrere Eigenschaften, welche bei dieser Thematik gerne ausgeblendet werden. In Realität wird der Ausdehnungskoeffizient zwischen einer Floatglas-Fläche und einer Bleiverglasung nicht wissentlich berücksichtigt. Eine Bleiverglasung ist weder statisch noch starr und reagiert auf die Erhitzung im Zwischenfang, durch die Einstrahlung der Sonne anders, als eine ganzheitlich Float-Glasfläche. Je nach Zustand und Verarbeitungstechnik einer bestehenden Bleiverglasung, kann sich diese dadurch in ihrer Dimension ausdehnen. Dies erzeugt einen unkontrollierbaren Druck auf das verwendete Dichtungsmaterial am Randabschluss. Man muss örtlich – lange unbemerkt - mit kleinen Rissbildungen rechnen. - Wenn es in Herbst und Winter draußen kälter wird, bilden sich auf dem Fensterrahmen oft kleine Wassertropfen. Solche Kondensat-Ansammlungen können gegebenenfalls durch die Rissbildungen beim Dichtungsmaterial in den Zwischenfang gelangen. Daher werden die Fenster auch innenseitig beschlagen, trotzdem dass bei der vormaligen Fenstersanierung, dieser Zwischenraum mit hochwertigem Edelgas (Argon) aufgefüllt wurde. Das Ganze entwickelt sich weiter, nach und nach füllt sich dieser Zwischenraum der beiden Floatgläser bis zu einem stehenden Wasserpegel (siehe Abb. A zuoberst). Diese verbleibende Wasseransammlung verursacht Schäden an der mittig eingebauten Bleiverglasung (Bleiprofile oxidieren, es entstehen irreversible Kalkablagerung auf den innenseitigen Glasflächen und der Fensterholzrahmen wird ebenso nach und nach in Mitleidenschaft gezogen).

Atelier für Glasmalkunst - gegründet 1916 in der Stadt Bern - vertritt Martin Halter, gelernter Glasmaler /Kunstglaser EFZ und Glasmaler-Restaurator IER in 3. Generation. Seine über 50jährige Berufserfahrung in der Praxis an vorderster Front, weiss worüber er aktuell argumentiert und analysiert:

Die bauphysikalischen Bedingungen und Begleiterscheinungen werden vielfach ignoriert!

Es werden Doppel-Verglasungssysteme angeboten und umgesetzt, ohne sich der Verantwortung bewusst zu bleiben, inwiefern man hier und dort mit einer völlig unausgewogenen Nachhaltigkeit aufwarten möchte. - Der Auftraggeber /die Auftraggeberin soll sich dann -  nach ca. 5 - 10 Jahren - selbst mit den daraus resultierenden Mängeln und Schädigungen an der Substanz auseinandersetzen. Bleiverglasungen oder Glasmalereien in IV-Verglasungen zu integrieren, hat nicht wirklich eine Zukunft! Zudem ist aus ästhetische Sicht, eine eher befremdliche Spiegelung beim Durchblick solcher Fenster-Kombinationen zu erwarten. Insbesondere tritt eine Spiegelung bei den Bleiprofil-Netzführungen und bei dunkel eingefärbten Glasteilen störend in Erscheinung.

Isothermisches Schutzverglasungs-System verhindert die unkontrollierbare Kondensat-Ablagerung auf den Rückseiten der eingebauten Glasmalereien. Aktuelles Beispiel repräsentiert sich, nach den unumgänglichen Sanierungsmassnahmen bei diesen Kirchenfenstern:



Innenseitige Montage (nach Innenseite rückversetzt) der mobilen Metallrahmen mit den eingebauten Glas-Blei-Kompositionen - gewährleisten eine kontinuierliche Hinterbelüftung zwischen den Glas-Blei-Oberflächen und der im Original-Falz eingebauten IV-Verglasung. Gleichzeitig wird somit für die Wartung (z.B. Reinigung oder im Bedarfsfall bei Reparaturen) eine Service-freundliche Situation respektiert. Lassen Sie sich beraten!

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Nachhaltig konzipierte Glaskunst-Inszenierungen weisen mehrere Vorteile auf - im Gegensatz einer beliebig inszenierten Darstellung, welche eine materialgerechte Verbindlichkeit bewusst ausgrenzen
Mundgeblasenes, farbiges Antikglas beinhaltet eine belebende Struktur, welche eine erwünschte Refraktion des durchscheinenden Lichtes erzeugt. Glasdesign mit Farben im Licht ist deshalb nicht einer statischen Kunstform zu zuordnen. Das heisst auch, dieses spezielle Glas reagiert jeweils auf die äusseren Witterungs-Bedingungen, welche den Lichteinfall durch die farbige Glasfläche mit beeinflussen. Die ursprüngliche Glasmalerei bedient sich für die formale Gestaltung, unterstützend auch mit dem Einsatz von Bleiprofil-Ruten. Einerseits können unterschiedlich eingefärbte Einzel-Glasteile zu einer ganzflächigen Komposition zusammengefügt werden (später verlötet werden), andererseits übernimmt eine bewusst rhythmische Bleinetzführung, ein massgebendes und wichtiges Gestaltungsprinzip. Von je her sollte die Glas-Blei-Einteilung nicht einzig seiner Zweckgebundenheit dienen. Oft wird dies falsch verstanden. Die bewusst einzusetzende Bleinetzführung soll auch dem formalen Anspruch nachkommen, um der entsprechenden Komposition ein rhythmisches Spiel mit den unterschiedlichsten Grössen und Flächen zu ermöglichen. Insofern kann eine Glas-Blei-Einteilung einen passend integralen Formenschatz in Bezug auf das bereits bestehende Raumbehältnis aktiv generieren, um sich als Bestandteil architektonischer Kreation, nachhaltig und verantwortungsbewusster in Szene bringen zu können. 
 
Aktuell werden solche Gesetzmässigkeiten jahrzehntelanger Erkenntnisse und Erfahrung mit dieser Kunstform vermehrt ausgegrenzt, um sich vermeintlich in uneingeschränkter Manier und möglichst beliebig mit dieser Materie auseinandersetzen zu können. Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, wenn parallel dazu die eigentlich materialgerechten Aktivitäten in Vergessenheit geraten.
  
Das heisst konkret, mittels transparenter Silikon-Mischung werden all die zugeschnittenen, farbigen Einzel-Glasteile auf eine Float-Glasfläche aufgeklebt. Die geringen Zwischenräume werden bei den einzelnen Glasteile ebenso auf die Schnittkanten-Höhen aufgefüllt. Bekannt ist, dass der Ausdehnungskoeffizient der Einzel-Glasteile (je nach Einfärbung) und je nach Sonneneinstrahlung (Erwärmung), auch unterschiedlich gegenüber der Gesamt-Float-Glasfläche nachzuweisen ist. Deshalb sind kleine Rissbildungen bei der aufgetragenen Silikonmasse zu erwarten, die sich im Laufe der Jahre, wo diese wiederkehrend einem solchen Prozess jeweils ausgesetzt verbleiben, vermehren werden. Die Silikon-Substanz selbst, wird sich nach mehreren Jahren, durch die UV-Einstrahlung vermehrt von gelblich bis hin zu bräunlich verfärben. Langzeitstudien stehen kaum zur Verfügung und die Herstellerfirmen von Silikonprodukten können keine schriftlichen Garantien ausstellen, weil die jeweilige Ausführung und Anwendung durch Dritte individuell, zuweilen beliebig umgesetzt würde. Eine Nachhaltigkeit für dieses verarbeitungstechnische Verfahren ist also nicht zu erwarten. Insbesondere auch im Schadenfall eines Glasbruchs an der Gesamt-Float-Glasfläche. Mit grossem Aufwand müssten erstmals alle Einzel-Glasteile von der Gesamt-Glasfläche entfernt und anschliessend aufwendig von Silikonablagerungen gesäubert werden. Alsdann alle Glasteile  wiederum auf der neuen Float-Glasfläche mit Silikon fixiert werden.
 
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Derweil sind solche Arbeiten meistens nur ausschliesslich in Verbindung mit einem unverhältnismässig hohen Aufwand und Risiko wieder instand zu stellen. Bisweilen werden solch überdimensionierte Glasflächen aus Kostengründen gar nicht mehr einer Reparatur unterzogen, insbesondere grossflächig ausgerichtete, farbige Glascollagen, welche auf Floatgläsern in unterschiedlichem Klebeverfahren adaptiert wurden. Durch die zunehmende Einflussnahme von UV-Licht, auf bereits unzulänglich umgesetzte Glascollagen, werden sich solche Arbeiten bereits nach einer relativ kurzen Präsenz-Zeit von alleine als darstellende Kunstform im Bau «verabschieden» - mangels verarbeitungstechnischer Materialunverträglichkeit. Weitere Probleme sind ebenso bei örtlichen Wartungsarbeiten (z.B. banale wiederkehrend auszuübende Reinigungsarbeiten, welche bei diesem Werkstoff zur optimalen Visualisierung, jeweils zwingend in regelmässigen Abständen erforderlich bleiben) vorprogrammiert. Unsere Glasmaler-Vorfahren waren eigentlich unserer Zeit - punkto Respektierung einer materialgerechten Verarbeitungstechnik – weit voraus. Weil ebenso die Service-Freundlichkeit (für Reinigung /Reparatur) respektiert und selbstverständlich mit eingeschlossen war /ist.  Martin Halter Bern

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 Im Moment eine angespannte Situation:  im Zeitgeist der Gegenwart - gerade eben, soll durch eine EU-Expertenkommission in naher Zukunft entschieden werden, ob überhaupt noch die Verwendung von Bleiprofilen in den Glasmaler-Werkstätten, zur Ausübung ihres Berufes zu erlauben sei oder ob dies mit einem EU-Parlamentsbeschluss in Zukunft zu verbieten sei!?

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